Ab in den Zug: Nach Newcastle upon Tyne, der nördlichsten Großstadt Englands mit den sieben Brücken. Hergeführt hat mich eine zweitägige Konferenz des Royal Town Planning Institutes zum Thema 'A sense of place: Planning and Identity', die sich inhaltlich gelohnt hat.
Besonders spannend fand ich einen Vortrag von Etive Curie, die als Senior Planner der Stadt Glasgow mit ihrem Team ein "Place Standard Tool" entwickelt hat, das kommunale Beteiligungsverfahren auf eine neue Stufe heben soll. Es handelt sich dabei um eine Grafik, mithilfe der Ziffern vergeben werden sollen, die ein umfassendes Bild zu den Bedürfnissen und Eindrücken der Stadtteilbewohner*innen zu machen. Abgefragt werden dabei 14 Aspekte - nicht nur Verkehrswege und Grünflächen, sondern auch das Vorhandensein von sozialen Kontakten. Anhand der Ziffern lasse sich anschließend einfacher in die Diskussion einsteigen, so Etive. Das Tool wurde mittlerweile bereits in mehreren Ländern und auf internationalen Konferenzen vorgestellt und bei Bürger*innendialogen und angewendet, beispielsweise in Schweden und den Niederlanden. In Deutschland hat es bisher noch keine Anwendung gefunden, soll aber Ende November über das Health City-Netzwerk vorgestellt werden. Im Kontext ihres Vortrags stellte Etive darüber hinaus wesentliche interdisziplinäre Erkenntnisse heraus: so löse ein als unsicher und ästhetisch wenig anspruchsvoll empfundenes Umfeld fundamentale Veränderungen im Gehirn aus - Studien zu Folge verändere sich der Cortisol-Spiegel, was wiederum Einfluss auf die Aggressionsbereitschaft von Menschen habe.
Schön zu hören außerdem, dass das Thema Gender in der Planung auch in England Einzug hält (ein hervorragender Zeit-Artikel, in dem die Problematik umrissen wird, findet sich hier). Natalya Palit vom Londoner Büro HTA Design hat in Wien zu diesem Thema geforscht und stelle Methodik (Social Space Analysis) sowie Ergebnisse vor, verbunden mit dem Appell, Gendergleichheit in allen Stufen der Planung anzustreben.
Weitere Themenkomplexe, die in Referaten oder kurzen Exkursionen zu Fuß angerissen wurden, gingen mir ein bisschen zu schnell, weshalb ich mich freue, noch zwei weitere Tage in der früheren Kohlestadt - einer Partnerstadt von Gelsenkirchen - verbringen zu können.