Auf Redaktionsbesuch bei Ethos - Teil I

Andrew Beattie, Herausgeber des Ethos Magazins
Andrew Beattie, Herausgeber des Ethos Magazins

Bei der Vorbereitung des Liverpool-Aufenthaltes war ich auf das Ethos-Magazin gestoßen. Leitgedanke: Good Stories. Good People. Good Business. Nach einer Kurzvorstellung meines Vorhabens per Mail erhielt ich innerhalb weniger Stunden eine Antwort - inklusive Terminvorschlag für einen Redaktionsbesuch und weiterer Recherche-Tipps. Heute nahm sich Herausgeber Andrew Beattie ausgiebig Zeit für ein Gespräch zum Konzept des Magazins, zu Liverpools Sozialunternehmen, dem Brexit und Stadtentwicklung.

 

Aus Gründen der Länge wird der Beitrag in zweigeteilt, zunächst geht hier es um Ethos und die Unternehmer*innen-Szene der Stadt: 

 

Die Idee zum Ethos Magazine ist vor rund drei Jahren entstanden. Andrew und die heutigen Redaktionsmitglieder  waren damals als freiberuflich in Agenturen tätig, die Projekte rund um eine internationale Wirtschaftsmesse in Liverpool betreuten. In diesem Kontext kam die Idee auf, ein Magazin zu entwickeln, dass sich auf den wachsenden Sektor der Sozialunternehmen fokussiert und mit lokalen, regionalen und internationalen Geschichten über diese als Inspiration dient.

 

Dabei verfolgte  Ethos-Team von Beginn an keine Gewinnabsichten. Es gehe allen Beteiligten darum, einen Beitrag zu leisten zur Entwicklung der Stadt, und der Vernetzung der Szene, in der sie verwurzelt sind - den Lebensunterhalt verdienen Andrew und seine Kollegin*innen als Freiberufler in anderen Projekten. Lediglich die freien Autoren werden vergütet. Heraus komme heute über ein Crowdfunding, Werbekunden und einen kleinen Kreis an Abonnenten in über 20 Ländern eine Schwarze Null. Derzeit arbeitet das Team an Ausgabe Nummer 11. 

 

Wer Andrew zuhört, der glaubt dem gebürtigen Liverpooler auf der Stelle, dass er aus reiner Überzeugung für Ethos arbeitet und für seine Stadt brennt. Alle sorgsam im Voraus notierten Fragen beantwortet er in einem Rutsch gleich in den ersten 10 Minuten, ohne dass sie überhaupt ausgesprochen werden müssen. Mit einem Lächeln bezeichnet er Liverpool als historisch gewachsene "Socialist City" und findet im Laufe des Gesprächs noch so einige Adjektive und blumige Umschreibungen mehr: cherishing, truly unique, exciting. Taking the piss. 

 

Wie Val sieht er den Grund für die Vielzahl von Sozialunternehmer*innen in der Stadt im extremen Niedergang der Stadt in den 80er und 90er Jahren. Liverpool habe sich ganz am unteren Ende jeglicher Statistiken befunden und in den Folgejahren stark von sich daran anschließenden Förderungen und Maßnahmenprogrammen profitiert - landesweiter und europäischer Art.  Daraus habe für einige Jahre ein regelrechter Kampf zwischen Unternehmer*innen in der Stadt resultiert, die sich gegenseitig auszustechen versuchten mit ihren Konzepten - viele davon nicht nachhaltig und tragfähig. Die Förderungen liefen aus, die Unternehmen verschwanden. 

 

Heute habe sich mit dem zwischenzeitlichen Wegfall von Subventionen die Situation grundlegend geändert. Einen Konkurrenz-Kampf gebe es nicht mehr. Im Gegenteil, die Inhaber*innen unterstützen sich stadtteilübergreifend gegenseitig, vertrauten sich untereinander, die Szene sei bestens vernetzt, die Türen stehen einander jederzeit offen. Die einzelnen Konzepte seien gut und tragfähig, die neu entstehenden Orte durchaus von "a distinguished magic" - was nicht zuletzt daran liege, dass viele der frischgebackenen Unternehmer*innen auch Künstler*innen seien. Hinter der Anschubfinanzierung zahlreicher Projekte stecke heute mit Power to Change eine Stiftung oder die Beautiful Ideas Company

 

Und warum hat sich ausgerechnet Liverpool zum landesweiten Hotspot  entwickelt? Neben den oben angesprochenen Entwicklungen liege das auch an einem Kreis von Menschen, die als Katalysatoren gewirkt hätten und dies weiterhin tun, bereits mehrere Liverpooler Unternehmen in der Gründungsphase begleitet haben und ihr Wissen und ihr Fähigkeiten gerne weitergeben.